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2022



Teilnehmer-Kommentar von Hans-Peter Wolter, Diplom Kaufmann, Certified Financial Planner, European Financial Advisor:

Vertriebsgipfel Tegernsee: „Würdest Du heute noch Makler werden…?“

So lautete die Frage an den Rechtsanwalt während seines Vortrages über Wettbewerbsrecht im Vertrieb. „Ja“ war die Antwort, „wenn ich einen guten Anwalt hätte…“ Eine spontane, humorvolle Antwort, die aber eines der zentralen Themen des 15. Vertriebsgipfels berührte, der am 16. Und 17. Mai – einer langen Tradition folgend – wieder am Tegernsee stattfand. Haftung und Regulierung werden immer mehr zum Spaßkiller am Beraterberuf. Sie sind mit Bürokratie verbunden und kosten wertvolle Lebenszeit. Aber gerade deshalb müssen auch solche Themen fachlich kompetent und mit praxisnahem Bezug behandelt werden. Für diese Kombination steht Jahr für Jahr der Vertriebsgipfel.

Die Teilnehmer

Das Wetter war den aus ganz Deutschland angereisten Teilnehmern mit strahlendem Himmel wohlgesonnen. Schaudernd erinnerte sich mancher von ihnen noch an das Jahr 2020, als Orkan Sabine sowohl die Anreise als auch die zeitliche Durchführung der Veranstaltung durcheinandergewirbelt hatte. Und so eröffnete ein sichtlich erschlankter Veranstalter und Moderator Andreas Wanschka die 22 Vorträge der beiden Tage mit einem optimistischen Statement.

Die Themen

Reine Vertriebsthemen wie Wege zur Aktivierung des Kundenstammes oder die Antwort auf die provokante Frage, ob Kunden mit hohem Potential heute noch barfuß laufen, wechselten sich mit Informationen über Haftungstrends oder die ab August abzufragenden Nachhaltigkeitspräferenzen des Anlegers ab. Die einzelnen Themenbereiche wurden durch die Referenten vorgestellt und anschließend diskutiert. Auf was müssen Berater achten, wenn sie einem Kunden ein Produkt als auf Plausibilität geprüft vorstellen? Welche strengen Anforderungen stellen Gerichte in diesem Fall? Ist das Eingeständnis, dass man eine solche Prüfung nicht durchführen kann, wirklich die ultima ratio? Bei welchen sonstigen Haftungsfragen stehen Anwälte auf dem Sprung, weil sie einen lukrativen Fall wittern – z.B. bei Nichterkennen von Fallstricken bei der Geeignetheitsprüfung? Welche konkreten Fragen muss der Berater ab Anfang August seinem Anleger stellen, um dessen Einstellung zum Thema Nachhaltigkeit abzufragen? Welche Abkürzungen darf er dabei nehmen? Eine kleine Auswahl von Fragen, die tiefgehend diskutiert werden konnten.

Immer interessant sind Informationen aus der Kommunikation von Standesvertretern und Journalisten mit den politischen Entscheidungsträgern. Ob es sich hierbei um weitere Regulierungsvorhaben, Zuständigkeitsgerangel zwischen Behörden oder Entwicklungen in Gesetzgebungsverfahren geht, der Blick in den „Maschinenraum“ hinter offiziellen Pressemitteilungen ermöglicht Einsichten, die anderweitig nur selten zu erhalten sind.

Das Thema Datensicherheit bei den meisten Unternehmen und Beratern weiterhin unterschätzt. Mit welchen Cyber-Attacken sie rechnen müssen und was dagegen zu unternehmen ist – ein spannendes Thema. Die gezeigten Beispiele sind umso erschreckender, je weiter man sich in seiner eigenen Welt in trügerischer Sicherheit entfernt fühlt. Selbst wenn man Gegenangriffe wie ein Traktorenhersteller wohl kaum fürchten muss, dessen Elektronik der Ukraine große Dienste bei ihrer Verteidigung leistet.

Breiten Raum nahmen neue und auch alte Produktlinien ein – von künstlicher Intelligenz über Edelmetallinvestments bis zum Osmium, dem teuersten Metall der Welt, von der Abtretung rechtlicher Ansprüche über Immobilieninvestments im Wohnbereich bis zur Healthcare-Immobilie.

Der offene Austausch

Die dem Initiativ-Vortrag folgende Diskussion wird traditionell mit einer bemerkenswerten Offenheit geführt, wobei die Pausen den Raum für weitere Nachfragen geben. Da sich die meisten Teilnehmer zum Teil seit vielen Jahren kennen, wird hier kein Blatt vor den Mund genommen und nicht mit Kritik gespart. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass ein seit 30 Jahren im Metier tätiger Mensch einen anderen Erfahrungshintergrund hat als jemand, der dieses Alter noch nicht einmal erreicht hat. Aber gerade deshalb hören die älteren Teilnehmer den jüngeren beim Vertriebsgipfel zu; neue Produktgeber, die beispielweise andere Zugangswege zum Anleger nutzen, bringen naturgemäß andere Philosophien ein. Ist es wirklich möglich, nachhaltige Privatmarktanlagen über ein Online-Portal zu vermitteln? Lieb gewonnene Vorstellungen von aufgebauter Kundenbeziehung stehen mit der Antwort auf diese Frage auf dem Prüfstand. Es gehört nicht nur bei diesem Thema zum Wesen der Veranstaltung, dass die eigenen gedanklichen Ansätze neu justiert werden.

Die Altersstruktur im Maklerbereich ist allseits bekannt. Die Suche nach einem Nachfolger wird zur zentralen Frage. Wann soll man mit der Suche beginnen? Welche Dinge sind zu beachten? Hierzu wurde ein neuartiges Abfragemodul vorgestellt. Verknüpft mit diesen Fragen ist immer auch die Bewertung eines Lebenswerkes -häufig widergespiegelt im Wert der Bestände.

Methoden zur Erreichung von Neukunden und zur Pflege von Bestandskunden wurden in einer Vergangenheitsbetrachtung verfeinerten Ansätzen von heute entgegengestellt. Offensichtlich kann man mit Bestandskunden immer noch gutes Geschäft machen. Insbesondere wohl dann, wenn Frauen vertrieblich tätig sind. So eine zentrale Botschaft der Referentin aus Wien.

Für internationales Flair sorgte zusätzlich der eingeladene Präsident der eidgenössischen Finanzplaner. Er überschrieb seinen Vortrag mit dem Wortspiel seines gleichnamigen Buches „Orientierung statt Moneypulierung“. Wie er Orientierung gibt, schilderte er in seinem Risiko-Konzept „Asset Protection“ und empfiehlt Beratern vom Finanzprodukte-Verkäufer zum Coach of Financial Wellness zu werden.

Das OnlyOneFuture Projekt

Zum Abschluss des Vertriebsgipfels stellte Andreas Wanschka das von ihm ins Leben gerufene OnlyOneFuture Projekt vor: Viele tolle Erfindungen, Ideen und Umsetzungen, die sich mit den großen Problemen unseres Lebens auf der Erde beschäftigen und dazu mögliche Lösungen anbieten können, haben keine Lobby. Hier setzt das Projekt OnlyOneFuture.de an: Spannende Ideengeber sollen weltweit recherchiert, Projekte vorgestellt und der Kontakt zu professionellen Investoren, Anlegern und interessierten Medien ermöglicht werden, um somit für eine breitere Öffentlichkeit dieser Lösungsansätze zu sorgen.
Man kann dem Vorhaben nur viel Glück wünschen. ( www.OnlyOneFuture.de )

Das Bräustüberl und das Fazit

Höhepunkt des ersten Tages war der traditionelle Besuch des „Bräustüberls“ in Tegernsee. Obligatorisch für die meisten langjährigen Teilnehmer ist eine wunderbar krosse Kalbshaxe, die selbst Menschen schmeckt, die ansonsten dieser Art von Essen abgeschworen haben-zumindest wurde so berichtet. In ungezwungener Atmosphäre bei einem bayrischen Bier wurden alte Kontakte aufgefrischt und neue geknüpft. Das ist Networking, wie man es in der Corona-Zeit lange schmerzlich vermisst hat. Die Abfolge von Corona und Ukraine-Krieg hat auch bei den erfahrensten Marktteilnehmern ein Gefühl von Unsicherheit hinterlassen. Das Beisammensein mit Kollegen aus dem Markt gibt Halt und auch ein gewisses Maß an Orientierung zurück.

Der nächste Vertriebsgipfel Tegernsee findet am 10. und 11. Januar 2024 statt. Alle Informationen und Anmeldung unter
www.Vertriebsgipfel-Tegernsee.de

Verantwortlich für den Inhalt:

Hans Peter Wolter, Diplom Kaufmann- Certified Financial Planner – European Financial Advisor, Hebelstr. 22 A, 69115 Heidelberg,
Tel: 06221-18784 770, www.wolter-finanz.com